Klage gegen Diskriminierung aufgrund des muslimischen Kopftuchs
gegen Sicherheitsfirma gewonnen
“Das ist ein tolles Signal! Es sollte selbstverständlich sein, dass wir sichtbar sind!”
(Klägerin Frau T. nach dem Urteil)
Das Hamburger Arbeitsgericht gibt der Klage einer Muslima statt, der auf Grund
ihres Kopftuches die Einstellung als Flugsicherheitsassistentin verwehrt wurde.
Das Gericht widerspricht damit der Annahme der Sicherheitsfirma, dass ein
religionsloses Erscheinungsbild des Luftsicherheitsassistenten eine
wesentliche Anforderung für die Ausübung der konkreten beruflichen Tätigkeit
sei.
Frau T. hatte sich im März 2023 als Luftsicherheitsassistentin für den Hamburger
Flughafen beworben. Frau T.s Bewerbung ist im ersten Schritt auf Interesse gestoßen,
nachdem sie jedoch einen Lebenslauf samt Foto nachgereicht hat, auf dem ersichtlich
war, dass sie ein Kopftuch trägt, wurde sie abgelehnt. Frau T. entschied sich diese
Erfahrung nicht hinzunehmen und wandte sich an die
Antidiskriminierungsberatungsstelle amira, die sie in dem folgendem Beschwerde- und
Klageverfahren begleitete.
Das Arbeitsgericht erkennt mit dem Urteil vom 25.01.2024 eine unmittelbare
Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 1 AGG wegen der Religion an und verurteilt die
beklagte Fima zur Zahlung einer Entschädigung nach § 15 AGG in Höhe von 3500 €.
Die Sicherheitsfirma hatte die Ablehnung von Frau T. mit der Notwendigkeit eines
„neutralen Erscheinungsbildes“ der Flugsicherheitsassistenten begründet. Da die
Klägerin nach erfolgreicher Übernahme im Auftrag der Bundespolizei gearbeitet hätte,
argumentierte die Sicherheitsfirma mit der Ablehnung von Frau T. einen Erlass der
Bundespolizei umzusetzen.
Das Gericht widersprach jedoch der Annahme der Beklagten, dass den
Bundesbeamten ein Kopftuchverbot bzw. ein Verbot zum Tragen religiöser Merkmale
während der Amtsausübung der Luftsicherheit auferlegt worden sei. Ein solcher Erlass
sei nie verabschiedet worden. Zudem stellte das Gericht in Frage, dass ein
religionsloses Erscheinungsbild des Luftsicherheitsassistenten für die Ausübung der
betreffenden beruflichen Tätigkeit eine entscheidende berufliche Anforderung sei. Bei
einer Ausnahme von dem Grundrecht auf Gleichbehandlung müsse der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit dringend beachtet werden, so das Gericht weiter.
Dateiname PM_MuslimagewinntKlagegegenDiskriminierung
Frau T. freut sich über diese klare Begründung:
„Die Anerkennung der Diskriminierung bedeutet mir sehr viel. Sie ist ein tolles Signal
und symbolisch unglaublich wertvoll. Ich hoffe mit diesem Urteil insbesondere jungen
Muslimas Mut zu machen, an ihren Träumen festzuhalten und für ihren Platz in dieser
Gesellschaft zu kämpfen. Es sollte selbstverständlich sein, dass wir sichtbar sind. Als
kopftuchtragende Frauen erleben wir es leider immer wieder, in der Wahl unserer
Berufe eingeschränkt zu werden, wir müssen immer mehrere Pläne auf einmal haben
und Ablehnungen einkalkulieren. Das ist belastend und frustrierend und macht auf
Dauer krank. Das Urteil macht mir von daher Mut und ist hoffentlich ein Schritt hin zu
gesellschaftlicher Veränderung und mehr Anerkennung.“
Auch T.s Anwalt Sebastian Busch begrüßt die Entscheidung des Hamburger
Arbeitsgerichts
„Das Arbeitsgericht stellt klar, dass die neuen Vorschriften im Bundesbeamtengesetz
und im Beamtenstatusgesetz nicht selbst eine Grundlage für das Verbot religiös
motivierter Kleidungsstücke schaffen, sondern lediglich eine Entscheidung der
zuständigen Bundesbehörde erlauben können. Der Bundespolizei muss dies
anscheinend noch durch die Verantwortlichen erläutert werden.“
Nur wenige Betroffene würden den juristischen Weg gehen und das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz nutzen, um gegen eine erlebte Diskriminierung vorzugehen,
berichtet die Antidiskriminierungsberatungsstelle amira aus ihrer Erfahrung. Umso
bedeutender sei die Anerkennung der Rechtsverletzung auch über den konkreten Fall
heraus.
„Diskriminierung zu erleben ist belastend und hat weitreichende Folgen für die
Betroffenen. Dennoch blieben die Erfahrungen oft unerkannt und unsichtbar. Die
Anerkennung der Rechtsverletzung ist von daher stellvertretend für viele Betroffene
von hoher Bedeutung. Für uns als Beratungsstelle steht dabei die Notwendigkeit im
Vordergrund, dass Frauen ohne Benachteiligung am beruflichen und
gesellschaftlichen Leben teilhaben können, derartige Verbote und Ausschlüsse sind
mit Diskriminierungsschutz nicht vereinbar.“ so die Beraterin Dina Musharbash.
Rückfragen gerne an: Dina Musharbash, amira (basis & woge e.V.), 0176 – 22870349